Die Begeisterung für aquatische Lebensräume
Fast jeder von uns macht Urlaub. Der eine im Schwarzwald und der andere auf Hawaii – Geschmäcker, zur Verfügung stehende Zeit und finanzielle Mittel sind bei uns so unterschiedlich, wie es Traumziele auf der Erde gibt. Aber eines vereint uns alle: Die Begeisterung für aquatische Lebensräume! Wir können uns für einen klaren Gebirgsbach in den Alpen mit Forellen fast genauso begeistern, wie für einem Klarwasserbach in Südamerika.
Ich organisiere seit 18 Jahren die JBL Forschungsexpeditionen und habe gelernt, dass die Stimmung der Teilnehmer mit der Sichtweite unter Wasser wächst. Natürlich sind wir auch begeistert, wenn wir mit einem Netz interessante, seltene oder schöne Fische aus einem Schlammloch fischen. Aber echte Begeisterung kommt meistens erst dann auf, wenn wir mit Taucherbrille und Schnorchel den Kopf unter Wasser stecken können – und etwas sehen!
Das Paradebeispiel - Pantanal
Südamerika steht bei sehr vielen Aquarianern hoch im Kurs. In fast jeder Region existieren klare Gewässer, aber das Auffinden dieser Raritäten ist oft schwierig und aufwändig, da die großen Ströme wie der Amazonas, Rio Negro und Orinoco entweder Schwarz- oder Weißwasser führen. Klarwasser ist nur in einzelnen Nebenflüssen anzutreffen. Aber es gibt eine riesige Sumpflandschaft von der Größe Deutschlands, in der Klarwasser nicht die Ausnahme, sondern die Regel ist: Das Pantanal. Das klare Wasser entsteht dadurch, dass die Quellen ihr Wasser durch Karstgestein und Sand drücken müssen, bevor der Quellteich und Fluss entstehen. Dies wirkt wie ein natürlicher Filter und produziert ein Wasser mit unglaublicher Klarheit! Sichtweiten über 20 Meter sind keine Seltenheit! Die Klarwasserflüsse in Floridas Westen (Ginnie Springs, Crystal River), einige unsere Alpenseen oder auch die Klarwasserseen Neuseelands sind die stärksten Konkurrenten, wenn es um den Rekord des klarsten Wassers der Erde geht.
Vom Süßwasserrochen bis zum Piranha
Für uns Aquarianer ist es einfach ein Traum, in klaren und warmen Gewässern (26-27 °C) zu schnorcheln und dabei interessante Aquarienfische vom Süßwasserrochen bis zum Piranha beobachten zu können. Das Pantanal ist inzwischen gut erschlossen und auch gut zu erreichen. Leider haben auch die Brasilianer entdeckt, dass herumpaddeln in klarem Wasser mit bunten Fischen Spaß macht und übervölkern einige Regionen, besonders in deren Ferienzeiten, so sehr, dass mehr Menschen als Fische zu sehen sind. Eine gute Zeitplanung außerhalb der brasilianischen Ferien ist dringend angeraten! Vor Ort gibt es unzählige Anbieter, die Sie zu den schönsten Stellen bringen und damit ihr Geld verdienen. So ganz auf eigene Faust sind Unternehmungen zwar auch möglich, aber immer seltener. Aber das ist eigentlich egal. Die Hauptattraktion sind die klaren Gewässer mit ihren Fischen, Wirbellosen und Pflanzen.
Damit der Großteil der Touristen den Schorchelausflug auch überlebt, werden alle mit Schwimmwesten ausgestattet. Das ist für das Unterwasserbild natürlich kontraproduktiv und Sie sollten unbedingt mit dem Veranstalter verhandeln, dass Sie auch ohne Schwimmweste nicht zu den Verlusten zählen werden. Noch ein sehr wichtiger Tipp: Versuchen Sie als Allererster im Wasser zu sein!!! Alle ihre Nachfolger werden im Fluss auf dem Boden herumlaufen und dann verwundert feststellen, dass die Sichtweite durchaus bei Null liegen kann. Die Flüsse haben eine gewisse Strömung und wenn sie immer schön vor der Gruppe im Fluss treiben, haben Sie perfekte Bedingungen. Irgendwann kommen Sie zu einer vereinbarten Ausstiegsstelle, laufen oder fahren zurück zum Anfang und lassen sich die gleiche Strecke noch einmal treiben. Bis dahin ist die trübe Suppe auch schon verschwunden und Sie versuchen wieder als Erster das klare Wasser zu erwischen. Das klingt alles vielleicht etwas touristisch, aber ich verspreche Ihnen, dass es sich lohnt. Das Treiben in den Flüssen des Pantanals zählt sicherlich zu den schönsten Erlebnissen, die wir auf unserem Planeten finden können!
Artenvielfalt & Pflanzenreichtum
Im nördlichen Pantanal in der Region um Cuiaba/Nobres ist die Artenvielfalt deutlich höher als im südlichen Pantanal bei Bonito, da viele Arten aus dem Amazonasbecken auch dort zu finden sind. Süßwasserrochen, Panzerwelse, viele Cichlidenarten, Messerfische, verschiedene Piranhaarten, Salmler, Saugwelse, Kiemenschlitzaale und auch Wirbellose sind zu sehen. Dafür ist der Pflanzenreichtum unter Wasser sehr begrenzt. Daher empfehle ich Wasserpflanzenfreunden eher das südliche Pantanal bei Bonito. Dort sieht es unter Wasser so aus, als ob vor Ihnen ein Aquascaper vor Ort war und alles für Ihren Besuch vorbereitet hat. Eine Verbindung beider Ziele wäre das Ideale, ist aber auch mit Inlandsflügen nicht ganz problemlos zu bewältigen und recht zeitaufwändig.
Als Fischfan würde ich das nördliche Pantanal bevorzugen. Da es touristisch auch noch nicht so stark frequentiert wird, fühle ich mich dort wohler. Man hat mehr Zeit sich ungestört zu bewegen und auch in Ruhe seine Favoriten unter Wasser zu beobachten. Vergessen Sie Ihren kleinen Wassertestkoffer nicht! Die Wasserwerte sind nämlich durchaus interessant und eben nicht „amazonastypisch“. pH-Werte um 7,3 und Karbonathärtegrade um 10 °dKH sind schon speziell.
Reisetipps
Flüge von Frankfurt nach Brasilien (Rio de Janeiro) gibt es ab ca. 600,- €. Der Inlandsflug weiter nach Campo Grande (1 Stop, 1-2 h) oder Bela Vista kostet etwa 110,- €. Dann per Mietwagen weiter oder lassen Sie sich von einem Touranbieter aus Bonito am Flughafen in Campo Grande oder Bela Vista abholen. Einfache bis halbwegs luxuriöse Hotels (40-70,- €) sind in Bonito keine Mangelware. Für die Lebensräume des nördlichen Pantanals geht es von Rio weiter nach Cuiaba (1 Stop, ca. 5 h, 130,- €). Von dort sind es noch 130 km bis nach Nobres. Dort stehen diverse Hotels zur Verfügung (30-70,- €).
Impfungen: Für das Pantanal in Brasilien wird empfohlen: Gelbfieber, Typhus, Hepatitis. Es sollte aber immer eine aktuelle Impfempfehlung eines Tropeninstituts eingeholt werden.