Haie sind die besseren Delfine - sagte Haiforscher Dr. Erich Ritter den Teilnehmern des JBL Hai-Workshops auf den Bahamas in seiner ersten Vorlesung. Haie zum Frühstück und Mittag stand sechs Tage lang auf dem Programm – jedoch nicht auf dem Teller, sondern frei im Meer. Ohne Käfig und doppelten Boden.
Kinder haben keine angeborene Angst vor Haien. Die entsteht erst durch die Hysterie, die über 60! Kinofilme, allen voran natürlich der Weiße Hai von Spielberg, bei uns erzeugt haben. Niemand kennt jemanden persönlich, der schlechte Erfahrungen mit Haien gemacht hat. Laut Ritter gibt es keine gefährlichen Haie, sondern nur gefährliche Situationen. Ein Auto ist ja auch erst gefährlich, wenn es fährt und der Fahrer uns übersieht. Das Ziel des JBL Hai-Workshops war es, die Teilnehmer auf den aktuellen Stand der Haiforschung zu bringen und in praktischen Versuchen mit Haien zu interagieren und deren Körpersprache lesen zu können. JBL Geschäftsführer Roland Böhme fand das Thema so interessant, dass er privat als Hobbytaucher dabei war.
Parallel zum Haiworkshop erlernten die Teilnehmer vom vielfachen Freitauchweltrekordler, Christian Redl, Apnoetechniken, die jedem seine Unterwasserzeit mehr als verdoppelten. Ohne die Luftblasen der Tauchgeräte haben Freitaucher die Möglichkeit, sich den Haien wesentlich dichter zu nähern und störungsfrei zu interagieren.
Morgens ging es mit dem Boot zu den umliegenden Riffen an Plätze, an denen seit 17 Monaten regelmäßige Haifütterungen stattfinden. Nur so war es möglich, über 20 Haie schnell an einem Ort zu versammeln. Aber anders als bei anderen Haifütterungen, wurden die Tiere nicht aus der Hand gefüttert, sondern bekamen Fischfleisch im Eispaket an der Leine herabgelassen oder direkt vom Boot in das Wasser geworfen. So assoziierten die Haie niemals die Taucher/Schnorchler mit Futter und nahmen sogar bei einem Spezialversuch nur sehr, sehr zögernd Fischfleisch aus der Hand des Tauchers!
Mit jedem Tag wurde den 22 Teilnehmern deutlicher, dass Haie keine unberechenbare Menschenfresser sind, sondern vorsichtige Tiere, die wie ein Hund auf Körpersprache und Signale reagieren. Die Haie sind so vorsichtig, dass sogar Futterstücke 20 cm neben einem Schnorchler zielgenau genommen wurden, ohne wild um sich beißend den Teilnehmer zu verletzen. Am interessantesten für die Haie war der große Unterwasserblitz vom JBL Biologen, Heiko Blessin, da die elektromagnetischen Impulse beim Aufladen von den Haien deutlich wahrgenommen wurden. Die Haie schwammen den Blitz gezielt an und führten Probebisse durch, die jedoch so vorsichtig waren, dass auf dem Blitz kaum Bisspuren zu sehen waren!
In den abendlichen Vorlesungen erfuhren die Teilnehmer aus Deutschland, der Schweiz, Frankreich und England, warum es zu Haiangriffen kommt und wie man sich bei ungewollter Haiannäherung richtig verhält. Auch das ganz traurige Kapitel der menschlichen Haivernichtung von über 100.000.000 Haie jährlich, für die in Asien leider immer noch beliebte Haifischflossensuppe, wurde ausführlich besprochen.
Als die Teilnehmer am nächsten Tag im Wasser dann wieder die quicklebendigen Haie so hautnah erlebten, dass sie ihnen die Taucherbrille mit ihren Flossen „vom Kopf schwammen“, war es schwierig die Bilder von lebend abgeschnittenen Haiflossen und flossenlos verendenden Haien am Meeresboden aus dem Kopf zu bekommen. Delfine sind pöbelnde, mobbende und auch vergewaltigende Meeresräuber im Vergleich zu den berechenbaren Haien! Lebendiger und eindrucksvoller kann Meeresbiologie nicht vermittelt werden!
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