„Sehr geehrte Frau Bundestagsabgeordnete Reiche,
sehr geehrte Frau Bundestagsabgeordnete Vogt,
Ihrer kürzlich veröffentlichten gemeinsamen Pressemitteilung zum Thema „Union und SPD einigen sich auf wichtige Fortschritte beim Natur- und Tierschutz“ haben wir als Fördergemeinschaft, die sich für das Zusammenleben mit Heimtieren einsetzt, mit Erleichterung und Zuversicht entnommen, dass u. a. der Tierschutz verbessert sowie dem illegalen Handel mit Elfenbein ein Riegel vorgeschoben werden soll.
Unser Verein und die darin zusammengeschlossenen Unternehmen und Personen setzen sich für das Wohl und die Belange der Tiere sowie die Lebensumstände der Menschen ein, die mit der Hege und Pflege dieser Tiere befasst sind. Dementsprechend besorgt nehmen wir andererseits die Mitteilung auf, dass es zu Einschränkungen für den Import und Handel mit Wildfängen kommen soll: „Der Handel mit und die Haltung von Tieren, insbesondere von Wildtieren wollen wir bundeseinheitlich regeln. Der Import von Wildfängen soll grundsätzlich verboten werden.“
Einerseits sehen wir juristische Bedenken, etwa hinsichtlich eines Konfliktes mit gängigem EU-Recht. Andererseits befürchten wir jedoch gravierende Folgen und negative Implikationen für den Tierschutz, die Lebensumstände der in Schwellenländern mit dem Handel von Tieren befassten Menschen sowie für die Heimtierhaltung insgesamt.
Oftmals wird fälschlicherweise der Zusammenhang zwischen dem Handel mit wild gefangenen, exotischen Tieren und dem weltweit zu konstatierenden Artenschwund hergestellt. Wissenschaftlich unbestritten ist die Tatsache, dass weltweit keine einzige Tierart durch den Handel ausgerottet wurde. Verschwinden Tierarten häufig durch Umweltzerstörung, so ist dies in Bezug auf den Handel nicht der Fall.
Es besteht nicht ein zwangsläufiger Zusammenhang zwischen Tier- und Artenschutz. Allein ein Blick auf die Internationale Rote Liste belegt, dass – bezieht man sich zunächst auf den Bereich der Fische – derzeit 61 Fischarten vollständig ausgestorben sind. Die Mehrzahl dieser Arten wurde jedoch nie im Aquarium gepflegt. Zahlreiche Arten, dies bezieht sich nicht nur auf die Aquaristik, sind in der Natur längst ausgestorben und können lediglich erhalten werden, da sie in Menschenhand gepflegt und vermehrt werden. Allein aufgrund der Dichte der natürlichen Population und der im Zoofachhandel verkäuflichen Tiere lässt sich keinesfalls ein Zusammenhang zwischen Wildentnahmen und dem Aussterben einer Art herstellen.
Hinzu tritt die Tatsache, dass wir zahlreiche Beobachtungen über entsprechende Tierarten allein der ehrenamtlichen Arbeit in Vereinen organisierter Heimtierhalter zu verdanken haben, die ihre Erkenntnisse Naturwissenschaftlern zur Verfügung stellen.
Zudem gibt es noch die sozio-ökonomische Komponente: Der nachhaltige Fang von Vivarientieren ermöglicht in strukturarmen Ländern ein Einkommen aus der Natur. Wohlgemerkt: Der nachhaltige, limitierte und überwachte Fang. Verbote, ob sie nun den Fang oder Handel betreffen, haben keinerlei positive Auswirkungen auf natürliche Bestände und nehmen Händlern vor Ort eine Möglichkeit, Geld zu verdienen. Ganz zu schweigen davon, dass der nachhaltige Fang eine intakte Flora und Fauna voraussetzt. Diese wird demnach gefährdet, wenn diese wirtschaftliche Alternative bedroht ist. Denn die Brandrodung und Urbarmachung brach liegender Flächen für die Landwirtschaft, etwa den Mais- oder Soja-Anbau, sind in diesen Fällen teilweise die einzige Möglichkeit des Einkommens. Die Zerstörung weiterer bisher naturbelassener Flächen ist in diesem Falle fast unausweichlich.
Und nicht zuletzt hätte ein umfangreiches Import- und Handelsverbot Einfluss auf die heimische Zoofachhandelsbranche sowie die Heimtierhaltung an sich. Die Arbeits- und Lebensgrundlage einer ganzen Branche und der mit und in ihr arbeitenden Menschen stehen auf dem Spiel. In dieser Hinsicht hätte ein generelles Import- und Handelsverbot unabsehbare Konsequenzen für einen ganzen Wirtschaftsbereich. Wir befürchten, dass diese Gesichtspunkte in der aktuellen Diskussion und in den derzeitigen Koalitionsverhandlungen zu kurz kommen und dass Entscheidungen getroffen werden, deren Folgen nicht in allen Facetten ausreichend gewürdigt werden.
Wir möchten Sie hiermit dazu einladen, mit uns in einen konstruktiven Dialog zur Ausgestaltung dieser gesetzlichen Vorhaben einzutreten. Gerne stellen wir Ihnen unsere Expertise und das Fachwissen der innerhalb unseres Vereins aktiven Experten aus Wissenschaft und Handel zur Verfügung. Wir freuen uns, wenn Sie das Angebot aufgreifen und sich ein Austausch ergibt, der alle Belange, den Natur- und Artenschutz sowie ökonomische und soziale Aspekte, mit berücksichtigt.
Mit freundlichen Grüßen
Bernd Schmölzing
1. Vorsitzender FLH e. V. “