Die Filterbakterien brauchen Ihre volle Unterstützung!

Auch wenn viele Aquarianer glauben, dass ihr Filter das Aquarium richtig sauber hält, so gehört dies in den Bereich der Märchen. Ein Filter, der den Aquarienboden, die Zwischenräume der Dekoration und das Wasser sauber hält, müsste eine solche Strömung produzieren, dass die Fische alle (dann aber gut sichtbar) an der Scheibe kleben würden! Nun ist ein solches Wellnessaquarium nicht jedermanns Sache. In 99% aller Aquarien lagert sich Schmutz im Boden und zwischen der Dekoration ab und wir helfen dem Filter durch einen regelmäßigen Teilwasserwechsel mit einem Bodenreiniger (wie z.B.  JBL PROCLEAN AQUA EX 20-45 ). Den dafür gebräuchlichen Begriff Mulmglocke verstehen übrigens Nichtaquarianer überhaupt nicht! Diese Pflegemaßnahme in Verbindung mit einem 30%igen Teilwasserwechsel alle 14 Tage ist die wichtigste Pflegemaßnahme an Ihrem Aquarium überhaupt!

Die Hauptaufgabe Ihres Filters besteht darin, Ihren schadstoffabbauenden Bakterien Siedlungsraum zu bieten. Diese nützlichen Bakterien leben zwar auch im Bodengrund und auf jeglicher Dekoration in Ihrem Aquarium, aber die Menge ist im Vergleich zu der Bakterienpopulation im Filter sehr gering. In einem richtig dimensionierten Außenfilter leben etwa 90 % Ihrer hilfreichen Bakterien!

Der Filteraufbau

Sehen wir uns doch einmal etwas genauer an, was in Ihrem Filter so alles passiert:

Es beginnt banalerweise mit dem Ansaugkorb, der verhindern soll, dass Fische ungewollt im Filter landen. Gleichzeitig hält er grobe Pflanzenteile davon ab, das Filterinnere zu verstopfen. Das funktioniert recht gut, verringert aber natürlich auch den Wasserdurchfluss. Prüfen Sie daher mindestens einmal wöchentlich Ihren Filterkorb und entfernen Sie den groben Schmutz.

Ein Teil des groben Schmutzes gelangt mit feinen Schmutzpartikeln, Kot und viel Aquarienwasser in Ihren Filter. Nun müssen wir ein wenig zwischen Innen- und Außenfiltern unterscheiden. Moderne Innenfilter sind zwar so konstruiert, dass Sie verschiedene Filtermaterialien einsetzen können, aber nicht, wie im Außenfilter, hintereinander. Diese Eigenschaft und das geringere Filtervolumen sind die Hauptnachteile aller Innenfilter. Kehren wir daher zum Außenfilter zurück:

Das Filtermaterial

Idealerweise besitzt Ihr Außenfilter Vorfiltermaterial, das aus grobem Schaumstoff mit 15 bis 35 ppi ( P oren p ro I nch(2,5 cm)) besteht. Hier wird grober Schmutz abgefangen, der sonst das folgende Filtermaterial zu schnell verstopfen würde. Dies ist auch der Grund, weshalb das Filtermaterial immer von grob nach fein gestaffelt eingesetzt werden sollte. Auf dem groben Schaumstoff werden sich Bakterien ansiedeln, die anfallende grobe organische Materie abbauen werden, aber leider nicht all zu viele. Die Hauptaufgabe des Vorfilters ist eher mechanischer Natur. Nach dem Vorfilter werden in den meisten Filtern Keramikröllchen eingesetzt, die teils mechanisch und teils biologisch arbeiten. Sie sind grob genug um nicht zu schnell zu verstopfen und haben gleichzeitig eine gewisse Oberfläche, damit dort siedelnde Bakterien Schadstoffe abbauen können. Die organische Materie aus Kot und Pflanzenresten besteht z. B. aus Eiweißen, die von einer bestimmten Bakteriengruppe (heterotrophe) zu Ammonium (NH4) umgesetzt werden. Ammonium selbst ist für Fische und Wirbellose nicht giftig. Dennoch können hohe Ammoniumwerte zu Wachstumshemmungen führen. Hinzu kommt, dass ein Teil des Ammoniums bei pH-Werten über 6,8 zu giftigem Ammoniak (NH3) wird. So kann ein problemloser Ammoniumgehalt von 0,8 mg/l bei pH-Wert 7,3-8,3 bereits zu 0,028-0,082 mg/l Ammoniak führen. Diese Ammoniakgehalte führen bei Fischen auf Dauer zu ernsthaften Organschäden. Steigt der pH-Wert, z. B. durch einen Teilwasserwechsel mit Leitungswasser auf 8,4, wird noch mehr Ammonium zu giftigem Ammoniak und der Wert steigt auf tödliche 0,1 mg/l. Eine Soforthilfe wäre in dem Fall die Absenkung des pH-Wertes durch pH-Minus oder CO2-Zugabe.

Die Bakterien

Im Filter ist es aber so, dass die Bakterien parallel Stoffe umsetzen und so wird entstandenes Ammonium sofort weiter verarbeitet. Leider ist das Folgeprodukt auch nicht besser, denn es handelt sich um giftiges Nitrit (NO2). Da Nitrit auf molekularer Ebene betrachtet wie Sauerstoff aussieht, blockiert es im Blut von Lebewesen (auch bei Menschen) den Sauerstofftransport und führt zu einer inneren Erstickung. Sie sollten im Aquarium immer anstreben, dass Nitrit mit den handelsüblichen Wassertests den niedrigsten messbaren Wert ( 0,01 mg/l) aufweist. Auf gut Deutsch: Es sollte nicht vorhanden sein! Ein Vorhandensein von Nitrit zeigt Ihnen unmissverständlich an, dass Ihre Bakterien entweder nicht vorhanden sind, zu wenig sind oder ihre Arbeit verweigern. Bakterienstarter (wie z.B.   JBL Denitrol ), Teilwasserwechsel und eine Überprüfung der Futtermenge bzw. des Fischbesatzes wären Gegenmaßnahmen. Es ist auf jeden Fall dringend Handlungsbedarf angesagt. Einzige Ausnahme: Ihr Aquarium ist neu und es befindet sich in der Einlaufphase. Dann gehört ein zeitlich begrenzter Nitritpeak zum normalen Einlaufvorgang.

Für die Messung von allen wichtigen Wasserwerten eignen sich beispielsweise folgende Produkte:  JBL PROAQUATEST EASY 7in1 , JBL PROSCAN , JBL PROAQUATEST LAB

Sie müssen aber nun nicht befürchten, dass Ihr Filter permanent giftiges Nitrit an Ihr Aquarienwasser abgibt, denn die gleichen Bakterien verarbeiten nicht nur Ammonium zu Nitrit, sondern auch Nitrit zu ungiftigem Nitrat (NO3). Auch wenn Sie Chemie als unangenehme Erinnerung aus der Schulzeit abgespeichert haben, lohnt sich ein Blick auf die chemischen Formeln, um zu verstehen, was da passiert. Sobald die Eiweiße zu Ammonium/Ammoniak umgesetzt wurden, geht es nur noch um den Sauerstoff. Solange Sauerstoff vorhanden ist, und in Ihrem Filter ist grundsätzlich Sauerstoff keine Mangelware, bauen die Bakterien immer mehr Sauerstoff an das Stickstoffatom an. Aus NH4 wird NO2 (2 Sauerstoffatome) und dann NO3 (3 Sauerstoffatome). Das kann Ihnen eigentlich vollkommen egal sein, aber wichtig daran ist, dass bei diesen biologischen Abbauvorgängen enorme Mengen an Sauerstoff verbraucht werden. Je stärker Ihre Wasserbelastung durch Fische, Futter und Pflanzenreste, desto mehr Sauerstoffbedarf hat Ihr Aquarium (bzw. Ihre Bakterien). Sorgen Sie unbedingt dafür, dass der Wasseraustoß aus Ihrem Filter zu einer LEICHTEN Wasseroberflächenbewegung führt. So nimmt Ihr Aquarienwasser genügend Sauerstoff auf und es wird nicht zu viel CO2 (Kohlendioxid) ausgetrieben. Dies werden Ihre Pflanzen zu schätzen wissen, da CO2 ihr Hauptnährstoff ist!

Im Normalfall wird somit JEDER Filter, egal ob Innen- oder Außenfilter, Nitrat produzieren. Nitrat ist zwar ungiftig, dient aber leider den Algen (und Pflanzen) als Nahrung. Sollte ein Nitrat-Test mehr als 30 mg/l Nitrat anzeigen, sollten Sie Gegenmaßnahmen ergreifen. Es gibt gute nitratreduzierenden Filtermaterialien, die auf biologischem Weg Nitrat abbauen.

Unterstützung erforderlich

Ihr Filter ist sicherlich das wichtigste technische Hilfsmittel für Ihr Aquarium. Bedenken Sie aber bitte, dass Sie durch einen regelmäßigen Teilwasserwechsel inklusive Bodenreinigung unbedingt nachhelfen müssen. Und reinigen Sie Ihren Filter bitte regelmäßig alle 4-8 Wochen, zumindest die Vorfilter! Und nicht vergessen: Heilmittel, Salzzugaben und intensive Reinigung können Ihre Filterbakterien stark beeinflussen oder auch komplett abtöten. Dann ist ein Neustart mit einem guten Bakterienstarter zwingend erforderlich!

Neueste Erkenntnisse

Die Mikroskopaufnahmen belegen die Erkenntnis, dass Filter durchaus zu „Brutkammern“ für pathogene (krankheitserregende) Bakterien werden können. Im Bild sind neben den schadstoffabbauenden Bakterien auch Spirillentypen zu sehen. Diese zählen zu den krankheitserregenden Keimen. Daher sollten Filter regelmäßig gesäubert und mit einem guten Bakterienstarter neu angeimpft werden. So findet sehr schnell eine Neubesiedelung statt und Krankheitskeime erhalten nicht zu viel Zeit, sich zu vermehren.

© 02.01.2022
Heiko Blessin
Heiko Blessin
Dipl.-Biologe

Tauchen, Fotografie, Aquaristik, Haie, Motorrad

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