Ilha Bella – ein Inselparadies im Südatlantik
Nach zwei Wochen Regenwald in Amazonien und dem nördlichen Pantanal führte der Abschluss der JBL Expedition auf eine kleine Insel, die der brasilianischen Küste bei Sao Paulo vorgelagert ist. Sie liegt geografisch zwar auf der Höhe des australischen Großen Barriereriffs und der Südsee im Pazifik, bietet aber dennoch nicht die gleichen „tropischen“ Bedingungen. Die Wassertemperaturen im brasilianischen Winter (Südhalbkugel: Winter von Juni bis September) sinken dann leicht einmal unter 18 °C und behindern somit das Wachstum von riffbildenden Korallen. Aber entgegen den Literaturangaben kann eine Riffbildung auch bei Mindesttemperaturen von 17 °C stattfinden, wie auf der 4. JBL Expedition nach Südafrika belegt werden konnte. Die ausgedehnten Korallenriffe vor der Ostküste Afrikas bei Durban (Aliwal Shoal / Protea Banks) existieren dort trotz winterlicher 17 °C Mindesttemperaturen!
Die Anreise zur Ilha Bella ist kurz und einfach: Von Sao Paulo per Mietwagen oder Bus zur Küste und dann mit der Fähre eine kurze Überfahrt zur in Sichtweite liegenden Insel. Auf der Insel gibt es zahllose Übernachtungsmöglichkeiten, von einfachen Lodges im Regenwald, der den gesamten Mittelteil der Insel bedeckt, bis zu Luxushotels am Strand. Lokale Tauchanbieter offerieren Tauchboote zu den umliegenden Tauchspots auch an benachbarten Kleinstinseln.
Am 07.05.2009 ging es morgens in einer einstündigen Fahrt mit einem schnellen Motorboot zu kleinen Inseln nordöstlich der Ilha Bella. Obwohl der Seegang nur mäßig war, zeigten einige Teilnehmer ein nettes JBL Grün im Gesicht und begannen die Fischfütterungsversuche bereits an der Bordwand. Gegen Mittag stieß ein brasilianisches Team aus JBL Importeur, Zoofachhändler, Aquarienspezialisten und Fachpresse zum JBL Team dazu. Gemeinsam wurden dann die Wasseranalysen und Lichtmessungen durchgeführt.
Bei 25 °C Wassertemperatur fühlten sich auch die Schnorchler ohne Neoprenanzug wohl. Im Flachwasserbereich der Insel bildeten riesige Felsen und einzelne Korallen kleinere Riffformationen mit einem beachtenswerten Fischreichtum. Ein vorher besuchter Platz an der Luvseite der Insel förderte nicht nur die Seekrankheit, sondern zeigte auch unter Wasser eine Sprungschicht in acht Meter Tiefe, unterhalb derer die Sichtweite auf 50 cm sank.
Aber an der Leeseite war das Wasser ruhiger und deutlich klarer. Sogar Meeresschildkröten waren anwesend und ließen sich von den Tauchern nicht stören. Es handelte sich um Echte Karettschildkröten (Eretmochelys imbricata), die im Gegensatz zur Suppenschildkröte 4 Hornplatten zwischen den Augen tragen. Wer vorsichtig Steine umdrehte, konnte beobachten wie die Schildkröten die Schwämme von der Unterseite der Steine abfraßen.
Zoogeografisch sind die Inseln hoch interessant: Sie bilden für viele karibische Arten die südliche Verbreitungsgrenze und auch Arten des Ostatlantiks, die bei den Kanaren zu finden sind, kommen dort noch vor. Die sicherlich schönsten Kaiserfische der Region waren die majestätischen Franzosenkaiser (P. paru) und der Dreifarbenkaiser (H. tricolor), die ihr Hauptverbreitungsgebiet in der Karibik finden, die beachtliche 4000 km nördlicher liegt!
Die oft zu beobachtende Spinnenkrabbe (S. seticornis) sieht ihrer nahe verwandten Art aus dem Ostatlantik (S. lanceolatus) zum Verwechseln ähnlich und stellt dennoch eine eigene Art dar. Wären da nicht die vielen Doktor- und Schmetterlingsfische (meist C. striatus) gewesen, hätte man die Unterwasserlandschaft mit ihren Riffbarschen, Brassen und Zackenbarschen gut und gerne für eine „nicht-tropische“ Region halten können. Die Wasseranalyse förderte Bilderbuchwerte zu Tage: 440 mg/l Kalzium und 1260 mg/l Magnesium, gepaart mit pH 8,0 und einer KH von 7 sind die absolut klassischen Meerwasserwerte vieler Ozeane. Auch der Salzgehalt unterschied sich von der Karibik gerade einmal in der dritten Nachkommastelle (1,023 zu 1,024 in der Karibik).
Bei den obligatorischen Fütterungsversuchen unter Wasser mit JBL MariPearls und einigen Futter-Prototypen, gab es speziell bei den brasilianischen Teilnehmern große Augen: Sie konnten kaum glauben, dass die scheuen und wählerischen Schmetterlingsfische schnell an das angebotene JBL Granulat gingen.
Als die Sonne unterging trennte sich das Team, und die Brasilianer fuhren mit ihrem Schiff wieder gen Ilha Bella, während sich hingegen das europäische JBL Team zum Nachttauchgang fertig machte. Große Kissenseesterne aus der Familie der Oreasteridae waren nun zu sehen, die in der Karbik nicht zu finden sind. An Steilwänden, die mit orangen Becherkorallen (Tubastrea coccinea) quadratmeterweise besiedelt waren, waren jetzt zur Dämmerungszeit endlich alle Polypen geöffnet. Tagsüber waren es nur einige wenige gewesen. Die tagsüber aktiven Meeresschildkröten lagen nun schlafend auf dem Meeresboden herum und nachtaktive Garnelen zupften Algen von den Schildkrötenpanzern.
Auch auf den sonst eher dünn besiedelten Sandflächen erwachte das Nachtleben: Sanddollars (Clypeaster-Arten), tagsüber im Sand eingegraben, krabbelten mit Hilfe ihrer vielen Ambulacralfüßchen jetzt eifrig auf Nahrungssuche umher.
Für einige Teilnehmer war es ihr erster Nachttauchgang und sie waren froh, dass er unter problemlosen Begleitumständen (gute Sicht, keine Strömung, geringe Tiefe) stattfand. Ihre Orientierung war nachts noch nicht besonders geübt und so hatten sie Probleme, das Boot in der Dunkelheit wiederzufinden. Aber an der Wasseroberfläche sah jeder das erleuchtete Boot und fand den Weg zurück.
Am Folgetag durfte wegen der im Körper angereicherten Gase kein Tauchgang mehr durchgeführt werden (Reststickstoff-Entsättigung) und so wollte das Team den Inlandsregenwald der Insel besuchen. Der felsige Untergrund bildete Felsblöcke von Häusergröße, über die Bäche flossen, in denen Garnelen und Bodensalmler gefangen werden konnten. An den Blüten sammelten sich Kolibris, und in den Bromelien waren Frösche mit Eiern zu finden.
So bildete die Ilha Bella auf dem südlichen Wendekreis einen eindrucksvollen und vielseitigen Abschluss der 5. JBL Expedition nach Brasilien. Einen Zwischenfall gab es dann doch noch: Am Flughafen warteten bereits Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes auf die Teilnehmer, deren Gepäck bis in den letzten Winkel nach lebenden Souvenirs untersucht wurde. Die brasilianische Naturschutzorganisation IBAMA war informiert worden, dass die Teilnehmer Tiere außer Landes schmuggeln wollten. Als jedoch nichts Verbotenes gefunden wurde, konnte das Team dann endlich in Ruhe wieder nach Europa fliegen. Übrigens wählte JBL die TAM Airline, die direkte Flugverbindungen von Frankfurt nach Sao Paulo plus Anschlussflüge zu erschwinglichen Preisen anbietet.