Der zweite Tag startete mit einem gemeinsamen Frühstück. So viele Aquarianer auf einem Haufen, wir waren beeindruckt. Ingo Seidel und Andreas Tanke starteten mit dem gemeinsamen Vortrag „Holzfresser – die Harnischwelse der Gattungen Panaquolus, Panaque & Cochliodon“.
Da die südamerikanischen Flüsse meist von Bäumen und oder dichtem Regenwald gesäumt sind und diese durch Umwelteinflüsse ins Wasser fallen, hat die Natur Tiergruppen entwickelt, die sich mit der Verwertung von Holz, in nicht unerheblichem Maße, beschäftigen. Diese Welse haben ein Mundwerkzeug, das zum „Beraspeln“ von Holz geeignet ist. Die großen löffelförmigen Zähne in zwei Kieferhälften sorgen für die Aufnahme von Holz, aber auch Kleinstlebewesen. Sie sind aber nicht alle klein. Unter den Holzfressern finden sich Tiere in der Größe von 6 bis 80 cm. Im Vortrag beschrieben die Referenten die drei Gattungen der Holzfresser und gingen auf deren Fundorte und Ansprüche an die Wasserqualität ein. Die Kenntnis über das natürliche Habitat bietet die beste Grundlage zur erfolgreichen Haltung und Zucht nicht nur von Welsen. So sahen wir schlammige Weißwasserflüsse, Klarwasserflüsse mit sandigem oder steinigem Untergrund, aber auch Schwarzwasserflüsse. Eines hatten alle gemein – das Holz. Aber auch Felsspalten sind, so lernten wir es an diesem Tag, ideale Wohnorte für diese Tiere. Unterschiedlicher können Habitate in einer regionalen Nähe nicht sein.
„Die Gattung Panaqolus und L398 – eine Übersicht“ war der darauf folgende Vortrag von Leandro Sousa und Christian Cramer. Sie beschrieben die phylogenetische Einordnung der Panaqolus Arten. Seit 2001 gab es innerhalb der Systematik zahlreiche Änderungen. Aus diesem Grund nutzten die beiden molekulare Daten, um die Unterscheidung der drei Gattungen zu erreichen. Auch morphologische Untersuchungen dienten zur Gewinnung der Erkenntnisse. Details zu den Untersuchungen und dem Vorgehen können dem 7. BBSW Spezial 2015 entnommen werden, welches in Kürze über die IG erscheint.
Nathan Lujan schloss an den Vortrag an. „Die Vielfalt der andinen Fische von Bolivien bis Ecuador: holzfressende und Gebirgs-Harnischwelse im Gebirge und dem Vorland im Westen Südamerikas“ war sein Thema. Auf seinen Expeditionen sammelte er über Jahre Exemplare und Gewebeproben, wodurch drei Arten Panaque wiederbeschrieben und vier neubeschrieben wurden sowie zwei Chaetostoma-Arten.
Nach einer Mittagspause führte er mit dem Thema „Erforschung des Ventuari (oberer Orinoco) und anderer Flüsse des Guyana-Schilds: Fischfang in der vergessenen Welt“ den Vortrag fort. Nathan berichtete von der Faszination, die er beim Besuch der genannten Region erfuhr und die ihm noch heute wie eine Batterie Kraft für die Arbeit mit Fischen und Welsen gäbe. Bis 2010 besuchte er diese Region fünfmal. Die Reisen verfolgten den Zweck der Datensammlung, um die Diversifikation der Loricariiden zu verdeutlichen. So lernte der Wissenschaftler Biotope und Landstriche kennen, die auf die Entwicklung der Gattungen sicherlich einen enormen Einfluss genommen haben. Die Natur entwickelte echte Spezialisten.
Zum nächsten Vortragsslot entführte uns Walter Lechner ausführlich in das Ancistrus-Land: Die Schwarz- und Weißwasserbiotope am Zusammenfluss von Amazonas und Rio Negro. Es ist nicht die typische Region für Wels-Liebhaber, doch zahlreiche Ancistrus-Arten wurden dort durch ihn gefunden. Aber auch Salmler, Cichliden und Messerfische waren in den verschiedenen Biotopen vor Ort auffindbar. Eine unglaubliche Artenvielfalt, die kaum woanders auf der Welt so ausgeprägt ist. Deshalb blickte er mit allen Wels-Freunden über den Tellerrand der Welse hinaus.
Zum Abschluss der Vorträge dieses Tages wurde eine Podiumsdiskussion abgehalten. „Hobby goes Science“ war das Thema und brachte Wissenschaftlicher und Züchter zusammen in die Diskussion. Es wurde deutlich, dass beide Parteien nur miteinander erfolgreich sein können, und die Fusion der verschiedenen Wissensdatenbanken unbedingt notwendig ist. Der Schutz der Tiere steht bei beiden Fraktionen an oberster Stelle. Ohne die Beschreibung und die Forschung ist der Fisch nicht in die Hände der Züchter zu bekommen, aber ohne die Erfahrung der Zucht, sind einige Verhaltensweisen und Hintergründe nicht zu erklären. Aus diesem Grund gab es in der Vergangenheit bereits viele Projekte, die Wissenschaft und Hobbyzüchter im Team zum Erfolg brachten. Das soll zukünftig noch intensiver angestrebt werden.
Beim gemeinsamen Abendessen gab es viele Themen zu besprechen. Wie macht er das nur mit den Eier, wie bringt er sie zum Laichen? Die Themen gingen nicht aus. Die Mehrsprachigkeit der Veranstaltung war an keiner Stelle ein Problem. Man bekam das Gefühl, dass „welsisch“ die gemeinsame Sprache war.
Bis tief in die Nacht wurden Gespräche geführt und trotzdem saßen am nächsten Tag um 10 Uhr alle „brav“ im Vortragssaal. Der Tag war geprägt von Züchtervorträgen, die über ihre Erfahrungen mit der Zucht von Welsen sprachen und viele Fotos und Videos mitgebracht hatten.
Wir bedanken uns beim gesamten Team für die tolle Veranstaltung und freuen uns, dass so viele Hobbyisten aus der ganzen Welt zusammengekommen sind, um sich drei Tage mit dem Thema der Welse zu beschäftigen. Diese Veranstaltung haben wir gern unterstützt und freuen uns schon auf die 5. L-Wels-Tage 2017!